ERP-Workshops sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum neuen ERP-System. Hierbei stellen die ERP-Anbieter auf der Shortlist ihr System vor und demonstrieren anhand realistischer Anwendungsfälle dessen Features und Funktionen. Aber nicht nur die ERP-Anbieter legen sich bei diesen Präsentationen ins Zeug.

Auch das ERP-Projektteam des Kundenunternehmens hat ein berechtigtes Interesse daran, die Workshops optimal durchzuführen. Die Projektmitarbeiter müssen schließlich am Ende des Tages eine Empfehlung abgeben. Schlagen die Teammitglieder ein ERP-System vor, das sich als ungeeignet erweist, fällt das auch auf sie zurück. Sie müssen also dafür sorgen, dass die Präsentationen der ERP-Anbieter so aussagekräftig wie möglich sind.

Leider konzentrieren sich viele Entscheider bei der Workshop-Vorbereitung in erster Linie auf den Umfang der Beispieldaten. Sie stellen den ERP-Anbietern ganze Artikelstämme mit 200 bis 300 Informationen zur Verfügung und reichern diese lediglich mit einer oberflächlichen Prozessdokumentation an. Die Erwartung ist, dass die Daten für sich sprechen. Das funktioniert jedoch in der Praxis nicht. Daten alleine sind so gut wie nie selbsterklärend. ERP-Hersteller benötigen detaillierte, klar formulierte Prozessbeschreibungen. Andernfalls können sie die Demonstration des ERP-Systems nicht ausreichend an die Erwartungen des Kunden anpassen.

Wenn Sie, als ERP-Entscheider, wirklich aussagekräftige ERP-Workshops haben wollen, sollten Sie daher auf zwei Dinge achten:

  • Eine möglichst prägnante Prozessbeschreibung
  • Die dazu passende Menge an Beispieldaten

Wenn ein ERP-Anbieter trotz optimalem Input nicht auf Ihre Bedürfnisse eingeht, wissen Sie zumindest, wen Sie von Ihrer Shortlist streichen können.

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Prozessbeschreibungen richtig formulieren

Schon die Auswahl geeigneter Prozesse beeinflusst die Qualität von ERP-Workshops. Manche Entscheider machen den Fehler, eine komplette Beschreibung aller Unternehmensprozesse zu liefern. Dieses Vorgehen stellt ERP-Anbieter jedoch vor Probleme. Sie bekommen Schwierigkeiten, die wichtigen Prozesse zu identifizieren. Alle Abläufe zu demonstrieren ist angesichts der beschränkten Dauer eines ERP-Workshops keine Option. Folglich müssen die Anbieter eigenständig Prozesse auswählen, auf die sie im Rahmen der Präsentation eingehen wollen. Dabei besteht allerdings das Risiko, dass sie die falsche Auswahl treffen und Prozesse demonstrieren, die für den Kunden nur geringe Relevanz haben.

Um das zu verhindern, sollten Sie bei der Workshop-Vorbereitung darauf achten, die wichtigsten Prozesse bereits vorzugeben. Die optimale Anzahl hängt natürlich vom Unternehmen ab, aber ein guter Richtwert sind vier bis acht Prozesse. Qualität ist an dieser Stelle deutlich wichtiger als Quantität. Einige wenige, dafür aber gut beschriebene Prozesse helfen den ERP-Anbietern mehr als eine komplette Dokumentation aller Geschäftsabläufe.

Beim Umfang der Dokumentation sollten Sie versuchen, das richtige Maß zu finden. Sie müssen nicht jedes kleine Detail ausführlich beschreiben. Achten Sie nur darauf, Ihre Prozesse so zu schildern, dass Außenstehende nachvollziehen können, was die wichtigsten Schritte sind.

Ein Beispielprozess aus der Produktion

Natürlich reichen Faustregeln alleine nicht aus, um optimale Prozessbeschreibungen zu erstellen. Betrachten wir daher ein Praxisbeispiel aus der Industrieproduktion: die Auftragserfassung mit wachsender Stückliste.

Viele Fertigungsunternehmen beginnen schon früh mit der Produktion eines Artikels, auch wenn noch nicht alle Teile fertig entwickelt, eingekauft oder von Lieferanten hergestellt wurden. Die Arbeitsvorbereitung ist also zu Beginn noch unvollständig. Die Stückliste, die an die Produktion weitergegeben wird, entwickelt sich im Zeitverlauf dementsprechend dynamisch weiter. Das ist besonders im Maschinen-, Anlagen- oder Fahrzeugbau von Bedeutung.

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Workshops tragen erheblich zur ERP-Auswahl bei und sollten deshalb von beiden Seiten gut vorbereitet werden.

Soweit zur grundsätzlichen Situation. Betrachten wir nun einmal im Detail, wie sich die Darstellung dieses Prozesses bereits in fünf Punkten formulieren lässt – und welche Fragen sich daraus an den ERP-Anbieter ableiten lassen:

  1. „Zeigen Sie, wie in Ihrer Lösung die Bereiche Auftragsplanung und Fertigung zusammenspielen. Wie erfolgt der Datenaustausch konkret?“
  2. „Demonstrieren Sie, wie sich in Ihrer Lösung die Beschaffung von Langläuferteilen gestaltet. Wie integriert sich der Bezug von Zulieferteilen mit langer bis sehr langer Beschaffungszeit in den Gesamtprozess?“
  3. „Zeigen Sie, ob und wie sich die Produktion zu einem möglichst frühen Zeitpunkt aus der Auftragsplanung heraus starten lässt. Welche Bedingungen müssen dafür unbedingt erfüllt sein?“
  4. „Erläutern Sie die Funktionalität wachsender Stücklisten in Ihrer Lösung. Wie fließen Daten aus der Konstruktion in die Auftragsplanung und von dort in die Produktion ein? Wie viele Interaktionen sind dafür möglich und nötig? Wie hoch ist der Automatisierungsgrad dieses Vorgangs?“
  5. „Demonstrieren Sie die Beschaffung von Zulieferteilen inklusive so genannter Zeichnungsteile. Wie aufwändig ist es, ein Blechbiegeteil mit einer ganz bestimmten Form und Beschaffenheit von einem Standardlieferanten anfertigen und liefern zu lassen?“

Passende Beispieldaten auswählen

Eine reine Prozessbeschreibung reicht allerdings nicht aus. Wenn Sie die vorgestellten ERP-Systeme in Aktion erleben wollen, müssen die Prozesse auch durchführbar sein. Sie brauchen also Beispieldaten, die den Prozess durchlaufen. Auch hier lauern jedoch einige Fallstricke.

Manche Unternehmen übertreiben es zum Beispiel mit der Datenmenge. Sie stellen den ERP-Anbietern riesige Datenpakete mit Hunderten Einzelinformationen zur Verfügung und erwarten sich davon aussagekräftige Präsentationen. In der Praxis führt dieses Vorgehen jedoch dazu, dass sich die ERP-Hersteller bei ihren Demonstrationen zwangsläufig in Details verlieren. Auch hier gilt nämlich: Weniger ist mehr.

Die Daten, die Sie bereitstellen, müssen lediglich die Beispielprozesse komplett abdecken – mehr nicht. Dafür reicht in der Regel bereits eine kleine Auswahl. Für das oben beschriebene Beispiel genügen schon drei oder vier Baugruppen mit maximal zwanzig Artikeln. Die Artikel selbst benötigen über Menge, Art und dazu passendem Arbeitsplan hinaus keine weiteren Angaben. Alle anderen Informationen können Sie weglassen.

Behalten Sie einfach eine simple Faustregel im Hinterkopf: So viele Daten wie nötig – so wenige wie möglich.

Falls Sie keine Originaldaten bereitstellen wollen oder dürfen, reicht übrigens auch ein Set an Dummy-Daten. Für aussagekräftige Demonstrationen benötigen Sie nicht unbedingt reale Daten. Wichtig ist nur, dass die Daten auf diese Art in der Praxis auftreten könnten und den Prozess vollständig abdecken.

So steigern Sie die Qualität Ihrer ERP-Workshops

Wenn Sie all die Tipps und Tricks in diesem Blogbeitrag beachten, helfen Sie den Anbietern auf Ihrer Shortlist dabei, möglichst aussagekräftige ERP-Workshops durchzuführen. Das hat nicht nur Vorteile für die Anbieter, sondern auch für Sie als ERP-Entscheider. Geschickt ausgewählte und präzise formulierte Prozesse sorgen dafür, dass die Demonstrationen der verschiedenen ERP-Lösungen exakt auf Ihre Anforderungen zugeschnitten sind. Sie können live miterleben, wie die einzelnen Systeme Anwendungsfälle bearbeiten, die tatsächlich jeden Tag in Ihrem Unternehmen vorkommen.

Und wenn ein Anbieter trotz optimalem Input nicht auf Ihre Bedürfnisse eingeht, wissen Sie zumindest, wen Sie von Ihrer Shortlist streichen können.

Wenn Sie wissen wollen, was Sie sonst noch alles tun können, um die Qualität Ihrer ERP-Workshops zu steigern, sollten Sie einen Blick in unser Whitepaper „Anbieter-Briefing – Holen Sie das Maximum aus Ihren ERP-Workshops!“ werfen. Neben einer ausführlicheren Beschreibung optimaler Beispielprozesse enthält es noch viele weitere nützliche Ratschläge.